Inspiriert von einer Schreibübung, sind mir ein paar Gedanken zu Selbstlosigkeit in den Kopf gekommen …
Selbstlosigkeit also. Was ist das? Sich selbst verloren haben? Sich selbst aufgegeben haben? In jedem Fall aber wohl ohne sich selbst. Nein, viel eher ohne an sich selbst zu denken. Immer nur an andere denken, für andere etwas tun. Ist das denn gesund? In der heutigen ichbezogenen Welt sicher eine rühmliche Ausnahme, aber geht man dann nicht selbst vor die Hunde? Und dann? Muss einen ein anderer selbstloser Mensch retten. Und ob’s da so viele gibt? Genau in deiner Nähe? Die dann auch gerade nichts anderes zu tun haben als dich zu retten? Naja gut, wenn sie wirklich selbstlos sind, dann schon.
Gabe und Aufgabe. Eine Gabe ist Selbstlosigkeit bestimmt, das ist nicht jedem gegeben. Weder in den Genen noch in den Instinkten und schon gar nicht in der Erziehung. Für die armen Seelen, denen die lachende Restwelt ein »Helfersyndrom« attestiert oder sie für »zu gut für diese Welt« hält, also ein bisschen Trost. Können sie nichts dafür. Ist so. Gegeben sozusagen. Vom lieben Gott. Oder so.
Aufgabe? Ja, da hüpft das Herz des Wortakrobaten! Aufgabe im Sinne, dass jemand dir diese Selbstlosigkeit aufgetragen hat? Wer sollte das tun? Höchstens jemand, der sich Vorteile davon verspricht. Ansonsten wird jedermann ja von Kindesbeinen an eingebläut, sich selbst der oder die Nächste zu sein. Selbstbewusstsein, Ellbogen, Durchsetzungsvermögen, sich selbst verkaufen können – that’s what makes today’s world go around. Empathie, Mitleid, Fairness – sowas ist nicht mehr gefragt. Jedenfalls nicht im Berufsleben und das macht schließlich den Großteil unseres Tages und unseres Lebens aus.
Aber Aufgabe im Sinne von (sich) aufgeben? Ja, da wird in diesem Zusammenhang schon eher ein Schuh draus! Sich selbst aufgeben, um für andere da zu sein? Mutter Teresa spielen, würde mein vorlauter Neffe das wohl nennen. Und ja, »Ich bin doch nicht Mutter Teresa« gilt zumindest bei der jüngeren Generation schon als geflügelte Absage für jegliche Bitte um einen Gefallen. Aber was gebe ich denn eigentlich auf? Mich selbst? Hm … Wohl eher meine Ziele, Wünsche. Denn für die Verwirklichung derer habe ich keine Zeit mehr, wenn ich zu selbstlos für andere arbeite.
Wie nennt man das in der modernen Welt – ehrenamtliches Engagement. Ist in jedem Lebenslauf gern gesehen. Deshalb gibt’s ja auch so viele Vorständler im ehrenamtlichen Bereich. Der Name steht überall, das Engagement lässt sich gut vermarkten. Aber arbeiten? Ist in vielen, vielen Fällen etwas ganz Anderes. Und die, die im Ehrenamt wirklich arbeiten – sei es im popeligen Sportverein, in der Flüchtlingshilfe oder bei Ärzte ohne Grenzen, um nur einige Beispiele zu nennen –, die erfahren in den seltensten Fällen öffentlich wahrnehmbares Lob. Den Platz an der Sonne aka Presse-Foto mit Kanzler, den haben nämlich die Funktionäre besetzt – die dann wiederum mit »ehrenamtlichem Engagement« im Lebenslauf prahlen können. Für ihren Funktionärsposten haben sie wohl tatsächlich kein Geld genommen, aber auszahlen tut sich das in Heller und Pfennig.
Und die, die wirklich bis zur Selbstaufgabe selbstlos im Ehrenamt arbeiten? Die kennt niemand, die bekommen damit und dafür auch keinen besseren Job. Was sie bekommen? Freude, Erfüllung und Genugtuung – das muss ihnen reichen.
Haben Sie so Ihre Erfahrungen mit Selbstlosigkeit und Selbstaufgabe gemacht? Schreiben Sie es mir gern in die Kommentare!