Lesungen – Teil I

Jede Autorin, jeder Autor steht nach dem fertig erschienenen Buch vor der Frage: Lesung – ja oder nein? Und wenn ja, wie und wo? Hier ein paar – sicher nicht ultimative – Tipps für das Davor, Dabei und Danach (Teil 1)

Jedes Buch ist anders, jeder Veranstaltungsort ist anders, jedes Publikum ist anders – kurz: Jede einzelne Ihrer Lesungen wird anders sein. Warum macht man überhaupt Lesungen? Wenn Sie davon ausgehen, ein sattes Honorar einzustreichen und nebenbei noch massig Bücher zu verkaufen, muss ich Sie leider enttäuschen. Ja, Sie tun etwas für die Vermarktung Ihres Buches. Aber in Heller und Pfennig wird sich das nicht auszahlen. Was Sie vielmehr mit einer guten Lesung schaffen: Sie lernen Ihr Publikum, Ihre Leserschaft, Ihre Zielgruppe kennen und kommen in Kontakt. Und zwar näher, als Sie mit anderen Mitteln je kommen werden. Sind Sie überzeugend, dann wird sich die Bindung zur Leserschaft festigen – und Sie können sicher sein, dass Ihre Fans auch Ihr nächstes Buch sofort kaufen werden. Was jede Lesung auch für Sie als Hauptakteur sein sollte: Spaß. Jedenfalls wenn sich nach den ersten paar Malen das Lampenfieber gelegt hat.

Mitbringen dafür sollten Sie ein gewisses Organisationstalent, falls nicht Ihr Verlag oder der Veranstalter für alles drumherum sorgt. Und so ein bisschen Rampensau-Qualitäten. Wenn Ihnen ein Auftritt vor mehr als zwei Menschen eine Qual ist, wenn Sie ungern mit anderen Leuten (über Ihr Buch und über sich selbst) reden, dann sollten Sie das Thema Lesung für sich abhaken.

Wo veranstaltet man eine Lesung?

Darauf habe ich nur die Antwort, die Sie nicht lesen wollen: Kommt drauf an. Ihre amüsante Geschichte spielt in Ihrer Heimatstadt? Dann nichts wie Werbetrommel rühren im großen Bekanntenkreis und in der Stadtbücherei um einen Termin anfragen. Schreiben Sie aber eher Splatter-Horror, dann könnte solches Vorgehen für Verstörung sorgen. Ganz allgemein: Gehen Sie da hin, wo Ihre (potenziellen) Leser sind: Buchmessen, Buchhandel, Bücherei, offene Kulturbühnen bei anderen Veranstaltungen, Literaturtage, Literaturcafés, Schulen und last, but not least online.

Der Buchhandel ist Neulingen und Selfpublishern gegenüber oft zurückhaltend. Achten Sie darauf, dass das gelesene Buch zum Programm der Buchhandlung passt, bevor Sie dort anfragen. Stammen Sie aus oder wohnen Sie in der Region, öffnet das manchmal Türen, aber auch nicht immer. Eine Lesung im Dorf wird möglicherweise nicht genügend Resonanz finden, in der Stadt konkurriert Ihre Veranstaltung mit zahlreichen anderen.

Ein ungewöhnlicher Ort, der eher zum Inhalt Ihres Buches als zu gängigen Lesungsorten passt, verschafft zusätzliche Aufmerksamkeit (auch bei der Presse) und spricht das passende Zielpublikum an. Ein Krimi um einen Forensiker im Rechtsmedizinischen Institut, ein Mittelalterroman auf einer verfallenden Burg, der im Weltraum spielende SciFi-Thriller im Planetarium oder die Geschichte des Zugmörders in einem ausrangierten Güterwaggon? Tolle Idee! Alles, was aus dem Üblichen heraussticht, bleibt im Gedächtnis und stärkt Ihre Bindung zum Leser.

Aber Achtung! Erstens müssen Sie die Erlaubnis dafür haben – entweder vom Eigentümer oder von den zuständigen Behörden. Und zweitens: So reizvoll der Gedanke klingt, Gruselhorrorgeschichten bei Fackelschein in einer Grotte zu lesen – prüfen Sie vorher, ob der Ort sich wirklich für eine Lesung eignet. Möglicherweise hallt es in so einer Gruft furchtbar oder es ist selbst mit Anorak, Handschuhen und Decke auf Dauer nicht auszuhalten vor Kälte.

Und wie läuft so etwas ab? Es gibt so viele Lesungsstile und Möglichkeiten, wie es Lesestoff gibt. Mit Musikbegleitung, mit Videoclips, szenisch, also mit schauspielerischen Einlagen, mit verteilten Rollen gesprochen … Natürlich will das Publikum unterhalten werden. Insbesondere wenn Eintritt bezahlt werden muss, möchten die Zuschauer*innen schon etwas geboten bekommen. Aber die Erfahrung lehrt uns, dass passend gewählte und gut vorgetragene Passagen, unterbrochen von amüsant erzählten Hintergrundinformationen, völlig ausreichen. Die Hauptdarsteller sind Sie und Ihr Buch! Ziehen Sie den Fokus nicht auf Nebenschauplätze – die sollen das schmückende Beiwerk sein und nicht mehr.

Planung

Das passende Stichwort: Machen Sie sich einen Plan, damit Sie während der Vorbereitungszeit nichts übersehen oder vergessen. Wenn Sie noch nie eine Lesung besucht haben – oder nicht auf den Ablauf geachtet haben –, sollten Sie das jetzt tun. Beobachten Sie die gesamte Veranstaltung und notieren Sie sich, was Sie gut fanden und Ihnen nicht gefallen hat.

Wählen Sie einen passenden Termin – der sollte sich nicht mit Großereignissen in der Nähe oder in TV oder Kino überschneiden. Ob Sie einen Abend unter der Woche oder eine Nachmittagsvorstellung am Wochenende bevorzugen, richtet sich neben Ihren Vorlieben auch nach dem Veranstaltungsort. Die Angestellten im Buchhandel haben nach einem anstrengenden Zehn-Stunden-Tag ebenso wenig Lust auf eine Extra-Abendschicht wie Ehrenamtler in einer Bücherei vielleicht auf einen Wochenendeinsatz.

Wenn der Veranstaltungsort gebucht und der Termin festgezurrt ist, müssen die Details geklärt werden. Vereinbaren Sie Uhrzeit, Länge der Lesung, Begleitung etwa durch Musik, Bestuhlung, Technik, Ablauf und das leibliche Wohl Ihres Publikums. In aller Regel sind die Leute sehr hilfsbereit und teilen ihre Erfahrung mit Lesungen gern mit Ihnen – fragen Sie also, wenn Sie sich nicht sicher sind.

Ein heikles Thema ist Honorar. Ein Entgelt für Ihre Vorstellung ist eigentlich wesentlicher Teil der Bezahlung für Ihre Schreibarbeit – und nicht selten hört man den Hinweis auf Omas altbewährtes Sprichwort »Was nix kost’, ist auch nix wert«. Andererseits haben Buchhandel und Büchereien für Veranstaltungen nur ein recht schmales Budget – und das geben sie natürlich lieber für Lesungen mit bekannten Namen aus, denn da kommt mit Eintrittsgeld und Buchverkäufen sicheres Geld rein. Den Hinweis darauf, dass die Veranstaltung ja schließlich Werbung für Ihr Buch ist, sollten Sie allerdings vom Tisch fegen. Meist ist eine gut gelaufene Lesung eher Werbung für die Bücherei oder Buchhandlung als umgekehrt.

Für Debütautor*innen dürften die vom VS empfohlenen 300 bis 350 Euro für einen Leseabend also in der Praxis ein schöner Traum bleiben – aber: Wer überhaupt nicht nach Honorar fragt, wird auch keines bekommen …

Haben Sie Honorar oder gegebenenfalls die Übernahme von Anreise- oder Übernachtungskosten vereinbart, dann sollten Sie das am besten schriftlich in einem Vertrag festhalten. Das wirkt nicht nur professionell, sondern schützt auch beide Seiten vor Missverständnissen.

Einigen Sie sich bei diesem Gespräch auch darauf, welche Seite wann und wo Werbung für die Veranstaltung macht. Es hilft nicht, wenn die lokale Presse von zwei Seiten Einladungen bekommt, dafür aber niemand auf Facebook eine Veranstaltung einträgt. Möglicherweise haben Buchhandlung oder Bücherei auch Kontaktlisten, über die sie speziell Leser*innen Ihres Genres ansprechen können.

Nicht weniger heikel als das Honorar ist auch die Frage nach dem Eintrittsgeld. Auch hier gilt Omas weiser Spruch, aber oft kommt dann zwar Eintrittsgeld in die Kasse, dafür werden aber keine Bücher verkauft. Eine Möglichkeit wären Lockangebote (beim Kauf von zwei Büchern wird das Eintrittsgeld abgerechnet), eine weitere Möglichkeit ist Eintritt auf Spendenbasis. Lassen Sie einen Hut herumgehen oder stellen Sie an strategisch günstiger Stelle ein Sparschwein auf – das bringt nicht selten mehr Geld ein als ein niedriger Eintrittspreis.

Klären Sie auch mit dem Veranstalter, ob Anmeldungen erwünscht sind bzw. Tickets verkauft werden sollen. Vielleicht gibt es auch einen günstigeren Vorverkaufspreis und die Karten an der Abendkasse sind einen Euro teurer? Wer übernimmt das Management der Anmeldungen und / oder den Ticketverkauf? Allerdings hat meine persönliche Erfahrung gezeigt, dass Anmeldungen für Veranstaltungen ohne Eintritt eher Glücksspiel sind.

Ebenso muss schon im Vorfeld geklärt werden, ob Fotos oder Videos von der Veranstaltung gemacht werden dürfen – dazu müssen die Zuschauer*innen nämlich ihre Erlaubnis geben. Man kann umgekehrt mit gut sichtbaren Schildern auf die Aufnahmen hinweisen (bitte auch darauf, dass Sie die Aufnahmen in der Presse, auf Ihrer Website, über Ihre Social-Media-Accounts und Ihren YouTube-Kanal veröffentlichen wollen!) und Zuschauer*innen, die das nicht wollen, müssen das beim Veranstalter kundtun. Die muss man dann aber auch tatsächlich aus Fotos und Videos herausschneiden!

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