Lesungen – Teil III

Jede Autorin, jeder Autor steht nach dem fertig erschienenen Buch vor der Frage: Lesung – ja oder nein? Und wenn ja, wie und wo? Hier ein paar – sicher nicht ultimative – Tipps für das Davor, Dabei und Danach (Teil 3)

Bei der Lesung selbst

Jetzt wird’s ernst, heute ist der große Tag! Seien Sie auf jeden Fall rechtzeitig da, um notfalls noch (um-)dekorieren zu können und um in Ruhe »anzukommen«. Die Kleidung sollte zur Lesung passen – das Mittelalterkostüm zum historischen Roman (wenn Sie es so vorgesehen haben), für eine feierliche Soiree etwas Festlicheres, für die Wohnzimmerlesung aus dem Liebesroman ist eher Legeres angebracht. Niemals sollte aber die Kleidung einengend sein. Wählen Sie ein Outfit, in dem Sie auch im Sitzen gut atmen können. Auch sollte die Wahl auf Kleidung in Farben fallen, bei denen Schweißflecken nicht so stark auffallen – Sie werden aufgeregt sein.

Essen Sie vor der Lesung nichts Schweres, aber gehen Sie auch nicht mit knurrendem Magen in die Veranstaltung. Ein Glas stilles Wasser sollte während der Lesung in Griffnähe stehen. Vorlesen macht einen trockenen Mund und Ihre Stimme ist Ihr Werkzeug, Ihr Kapital. Aber trinken Sie nichts Kohlensäurehaltiges – es sei denn, Ihr Roman beginnt mit rülpsenden Vasallen bei einem mittelalterlichen Saufgelage. Manche schwören auf frischen Ingwer oder Salbeitee. Da müssen Sie einfach ausprobieren, was Ihnen guttut.

Vergessen Sie nicht, sich und Ihr Buch zu Beginn der Veranstaltung vorzustellen, wenn das nicht der Veranstalter oder Ihr Moderator übernimmt. Gibt es Störfaktoren – auf Messen beispielsweise läuft schon mal jemand direkt an der Bühne vorbei oder am Nachbarstand bricht lautes Gelächter aus –, lassen Sie sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Lachen Sie drüber, nehmen Sie Ihren Faden wieder auf und machen Sie weiter. Vergessen Sie Ihre Pausen zum Luftholen nicht! Gern auch mal einen Moment länger. Für Sie mag das wirken wie eine Ewigkeit, Ihr Publikum braucht aber manchmal einen Moment, um wieder aufmerksam zu werden. Nutzen Sie solche Pausen ruhig auch mal für »Technisches«. Fragen Sie in die Runde, ob Sie überall gut zu verstehen sind. Und schauen Sie mal nach Ihrem »Referenzmenschen« – womöglich versucht er Ihnen schon seit Minuten verzweifelt klarzumachen, dass Sie vergessen haben, das Mikro einzuschalten.

Denken Sie immer daran: Das Publikum kommt, weil es etwas zur Entstehung des Buches und zum Hintergrund des/der Autor*in erfahren möchte. Und weil es die Autorin, den Autor mal persönlich kennenlernen will. Stillen Sie das Bedürfnis. Ein Drittel Ihres Programms sollten Lesestücke aus dem Buch sein, der Rest Exkursionen.

Ob Sie im Sitzen oder im Stehen lesen, müssen Sie selbst entscheiden (und bei der Absprache auch entsprechend disponieren – Stehpult oder Tisch und Stuhl). Manche schwören darauf, dass die volle Stimmbandbreite nur im Stehen zum Tragen kommt, anderen ist es angenehmer, im Sitzen mit dem Text auf dem Tisch vor sich zu lesen. Die Frage Mikro oder nicht hängt von Ihrem Stimmvolumen und der akustischen Situation vor Ort ab. Auf jeden Fall ist es besser, sich eines Mikros zu bedienen, als den ganzen Vortrag lang schreien zu müssen.

Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf Ihr Lesestück. Mit etwas Glück beginnt der Text Sie selbst mitzureißen. Das Publikum wird es spüren. Seien Sie bei der gesamten Vorstellung sparsam mit Gesten – nicht nur, weil Ihr Wasserglas sonst womöglich zu Bruch geht. Keine Panik, wenn Sie sich verlesen sollten: Macht nichts, niemand prüft nach, ob Ihr Wortlaut mit dem im Buch Geschriebenen übereinstimmt.

Ach ja, es kommt selten vor, aber haben Sie noch eine kurze Lesestelle in petto, falls eine Zugabe gefordert wird.

Fragerunde

Ob Sie während der Lesung Zuschauerfragen beantworten oder solche Fragen erst am Ende der Veranstaltung zulassen wollen, richtet sich nach Ihren Vorlieben und nach den Fragen, die Sie erwarten (können). Packt Ihr Buch heiße Eisen an, sodass es hitzige Diskussionen geben könnte, sollten Sie besser auf eine Fragerunde am Ende verweisen. Wenn nicht, können Sie die Lesung natürlich auch prima auflockern (und die Zuschauer*innen wieder wecken), wenn Sie Ihre Storys aus dem Nähkästchen interaktiv mit der Zuhörerschaft gestalten.

Reagieren Sie auf gar keinen Fall bei Standardfragen genervt, weil Sie sie schon unzählige Male beantwortet haben. Der/Die Fragende hört Ihre Antwort zum ersten Mal.

Signierstunde und Buchverkauf

Klären Sie unbedingt im Vorfeld mit dem Veranstalter, ob Sie im Anschluss an Ihre Lesung Bücher verkaufen dürfen oder ob z. B. die gastgebende Buchhandlung verkauft. Klären Sie außerdem mit Ihrem Steuerberater, wie ein Buchverkauf steuerlich zu behandeln ist. Gewöhnlich schaufeln Sie mit diesen Verkäufen ja eher Peanuts als Unsummen und das Finanzamt interessiert sich nicht dafür. Wenn Sie allerdings Pech haben, müssen Sie für diese Buchverkäufe sogar ein Gewerbe anmelden und entsprechend versteuern.

Bringen Sie kleine Give-aways mit, mit denen Sie Ihrem Publikum im Gedächtnis bleiben: Lesezeichen, gedruckte Leseproben, Flyer (in denen Interessierte auch Ihre Webadresse und Ihre anderen Bücher oder Buchprojekte finden können). Damit bleibt man auch bei denen hängen, die lieber das E-Book kaufen möchten. Das Wichtigste vermitteln Sie aber selbst: Enthusiasmus für das Buch, die Geschichte, Freude am Kontakt mit den Lesern. Das bindet einen ans Publikum.

Danach

Gönnen Sie sich ein paar Schulterklopfer und ein Gläschen Sekt. Vergessen Sie dabei aber ein herzliches Dankschön für Ihre Helferlein nicht! Sie dürfen auch gern am späten Abend einfach ins Bett fallen und froh sein, dass Sie es gut hinter sich gebracht haben. Aber … (dachten Sie sich schon, nicht wahr?) … am nächsten Morgen gilt Ihre erste Aufmerksamkeit »Ihrer« Presse. Versorgen Sie die örtlichen Zeitungen mit Foto und (Kurz-)Bericht, wenn niemand von denen vor Ort war. Weisen Sie auch gleich auf Ihre nächste Lesung hin. Bringen Sie einen Bericht und eine Auswahl guter Fotos auf Ihre Website und auf Ihre Social-Media-Kanäle.

Rekapitulieren Sie die Veranstaltung so zeitnah wie möglich, wenn die Erinnerungen noch frisch sind. Was war gut? Was muss verbessert oder geändert werden? Wie waren die Reaktionen des Publikums? Haben Sie das Glück, dass jemand ein Video gemacht hat, setzen Sie sich daran und analysieren Sie Ihren Auftritt kritisch. Machen Sie sich Notizen fürs nächste Mal. Sie wissen ja: Nach der einen Lesung ist vor der nächsten Lesung …

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