Streifzug durch die Bücherwelt | Januar 2023 – I

Blog-Kategorie Streifzug durch die Bücherwelt | Foto: h11ok/pixabay

Noch hallt das gerade vergangene Jahr nach, die jahreszeitüblichen »Best-ofs« buhlen an jeder Ecke um Aufmerksamkeit, aber auch die ersten Vorschauen auf wichtige Ereignisse 2023 locken bereits. Hier der (subjektiv ausgewählte) Überblick …

Die besten Bücher 2022

Über Bücher und Lesegeschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Jeder hat so seine Vorlieben, wirklich objektiv messbar ist wohl nichts, nicht einmal Verkaufszahlen, denn die sind zum größten Teil das Produkt guten Marketings.

Zu Jahresende stapeln sich deshalb die Bestenlisten. Jedes Medium, das in Sachen Literatur etwas auf sich hält, kürt die wichtigsten, bewegendsten oder auch kontroversesten Werke des abgelaufenen Jahres und publiziert das eigene Ranking.

Hier gibt es eine kleine Auswahl (ohne Anspruch auf Objektivität oder gar Vollständigkeit 😉):
LeseringEsquireNDRBayerischer Rundfunk

Leipziger Buchpreis für russische Lyrikerin

Sie gilt als literarische Stimme des nicht-imperialen Russland: Maria Stepanova erhält 2023 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

Die derzeit im deutschen Exil lebende russisch-jüdische Autorin Maria Stepanova erhält den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2023. Sie werde damit für ihren im vergangenen Jahr erschienen Lyrikband »Mädchen ohne Kleider« ausgezeichnet, teilte die Stadt Leipzig Anfang Dezember mit. Der seit 1994 jährlich vergebene Preis gilt als eine der wichtigsten Literaturauszeichnungen in Deutschland, er ist mit 20.000 Euro dotiert. Verliehen wird der Preis zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am 26. April 2023 (Spiegel.de)

Bachmannpreis 2023: Zwei neue Gesichter in der Jury

Der Ingeborg-Bachmann-Preis, 1976 von der Stadt Klagenfurt im Gedenken an die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926 – 1973) gestiftet, wird seit 1977 jährlich während der Tage der deutschsprachigen Literatur verliehen. Er gilt als eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen im deutschen Sprachraum.

Im Jahr des 50. Todestags der streitbaren Schriftstellerin bietet das Literaturmuseum in der Österreichischen Nationalbibliothek eine Ausstellung mit dem Nachlass Bachmanns. Versprochen werden Lebensspuren und Einblicke in das Schreibverfahren.

Eröffnet werden die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ 2023 am 28. Juni in Klagenfurt mit der Auslosung der Lesereihenfolge. Vom 29. Juni bis zum 1. Juli wird gelesen und diskutiert. Am Sonntag, 2. Juli dann findet die Schlussdiskussion mit Preisvergabe statt.

Gegenüber dem vergangenen Jahr gibt es Veränderungen in der Jury des Literaturpreises: Vea Kaiser und Michael Wiederstein scheiden aus, dafür rücken die Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Schriftstellerin Mithu Sanyal (Deutschland) und der Literaturwissenschaftler und Kritiker Thomas Strässle (Schweiz) nach.

Mitmachen können unveröffentlichte deutsche Prosatexte von maximal 25 Leseminuten Länge. Allerdings: Ohne schriftliche Empfehlung eines Verlags oder einer Literaturzeitschrift geht nichts. Jedes der sieben Jurymitglieder wählt aus den Bewerbungen zwei Texte aus, deren Verfasser zum Lesen eingeladen werden.

Wir sind gespannt, wer als Nachfolgerin von Ana Marwan („Die Wechselkröte“) den mit 25.000 Euro für den Hauptpreis dotierten Bachmannpreis zugesprochen bekommt.

Nobelpreisträgerin Ernaux

Das Literaturnobelpreis-Komitee kommt nicht zur Ruhe. Interne Querelen, Mauscheleien und immer wieder Entscheidungen für Preisträger, die zumindest von einem Teil der literarischen Welt als krasse Fehlentscheidungen bezeichnet werden.
Die aktuelle Preisträgerin, die 82-jährige Französin Annie Ernaux, sorgte zuletzt mit ihrer Unterschrift unter eine umstrittene BDS-Petition für ordentlich Wirbel – der Zentralrat der Juden warf ihr wegen ihrer kritiklosen pro-palästinensischen Haltung gar Antisemitismus vor. Die in der Normandie aufgewachsene und bei Paris lebende Schriftstellerin schreibt vor allem autobiografisch und thematisiert immer wieder ihren Lebensweg vom Arbeiterkind zur Autorin.

Es sei »kein Verbrechen, BDS-Petitionen zu unterschreiben«, rechtfertigte sich die Autorin Journalisten gegenüber. Sie wolle weiterhin auf ihre persönliche Weise schreiben und sich nicht vermehrt der Politik widmen. Allerdings bedeute die mit dem Preis verbundene Popularität, dass mehr Menschen »an ihre Tür klopfen« und um ihre Meinung bäten.

Verstorben

So einige Granden des geschriebenen Wortes haben diese Welt im Dezember verlassen müssen – in chronologischer Reihenfolge:

Dominique Lapierre (91), französischer Schriftsteller und Reporter († 4.12.22)
Er war »Grand Reporter«, schrieb tief recherchierte Bücher über Paris und Jerusalem, Kalkutta und Mutter Teresa. Häufig wurden sie mit Starbesetzung verfilmt (Spiegel.de)

Ruprecht Eser (79), Journalist († 9.12.22)
Er war das Gesicht des »heute journals«, als Korrespondent und Chefreporter berichtete er für das ZDF aus London, später aus der Innenpolitik (Spiegel.de)

Wolf Erlbruch (74), Kinderbuchillustrator († 11.12.22)
Er erhielt den weltweit wichtigsten Preis für Kinderbuchautoren, dank seiner Illustrationen lasen zahlreiche Eltern ein Buch über Fäkalien vor (Spiegel.de)

Sybil Gräfin Schönfeldt (95), Autorin und Journalistin († 14.12.22)
Nach kurzer Krankheit ist die Autorin und Journalistin Sybil Gräfin Schönfeldt am 14. Dezember im Alter von 95 Jahren in Hamburg gestorben. Wenn auf jemanden das Adjektiv »belesen« vollumfänglich passt, dann auf sie – und das Wunderbare daran, dass sie alle um sich herum und ihre Leser:innen jederzeit daran teilhaben ließ (Börsenblatt.net)

Wulf Kirsten (88), Lyriker, Prosaist, Herausgeber und Lektor († 14.12.22)
Der Dichter einer Landschaft, die schon nicht mehr Natur war (sz Kultur) Kirsten war in der DDR ein gefeierter Lyriker, spätestens mit der Verleihung des Peter-Huchel-Preises für die Lyriksammlung »die erde bei Meißen« wurde er auch in Westdeutschland bekannt. Er hat unzählige Auszeichnungen für seine Werke erhalten, seine Heimatstadt Klipphausen ehrte ihn mit dem 2019 eröffneten »Wulf-Kirsten-Wanderweg«.

Barbara Noack (98), Bestsellerautorin (†20.12.22)
»Der Bastian« zählt zu ihren bekanntesten Werken – sie bleibe unvergessen, so ihr Verleger (Spiegel.de)

Michael Braun (64), Lyrik-Experte und Literaturkritiker († 23.12.22)
Er war Deutschlands fundiertester Lyrik-Kenner, moderierte unzählige Veranstaltungen, wählte in Jurys die besten Gedichte aus, arbeitete als Poesie-Experte für den Deutschlandfunk und zahlreiche andere Medien (Literaturcafe.de)

Michael Hohmann (68), Verleger, »Romanfabrik Frankfurt« († 25.12.22)
Frankfurts dienstältester Literatur-Veranstalter, Michael Hohmann, ist am 25. Dezember im Alter von 68 Jahren verstorben. Kulturdezernentin Ina Hartwig bezeichnete den langjährigen Leiter der Romanfabrik Frankfurt als »eine prägende Figur des literarischen Lebens in Frankfurt am Main« (Börsenblatt.net)

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