Streifzug durch die Bücherwelt | Februar 2024 – I

Blog-Kategorie Streifzug durch die Bücherwelt | Foto: h11ok/pixabay

Beeinträchtigungen in der Bücherwelt, viele Todesfälle und ein Schritt in der KI-Regelung – die Neuigkeiten aus der Welt der Bücher in den letzten beiden Wochen.

Mainzer Kolloquium zum Gebrauchtbuchmarkt verschoben

Das Mainzer Kolloquium der Buchwissenschaft, das sich in diesem Jahr mit dem aktuellen Markt für gebrauchte Bücher beschäftigen wird, wurde aufgrund des Bahnstreiks im Januar auf den 26. April verschoben (boersenblatt.net)

Sylvain Tesson verteidigt sich

Seit zwei Wochen tobt ein Streit um die Ernennung von Sylvain Tesson zum Schirmherrn des Literaturfestivals »Printemps des poètes« in Frankreich. Fast zwei Wochen, nachdem seine Ernennung eine Polemik mit etlichen Petitionen und Gegenpetitionen ausgelöst hatte, äußerte sich Tesson im Fernsehsender France 2 erstmals selbst. »Was ist mein Verbrechen, und wer sind meine Richter?«, fragte er. »Ich bin gerne rückwärtsgewandt, sogar ein Nerd, ein Verweigerer, eine alte Lokomotive statt eines Formel-1-Rennwagens, aber meine Kritiker haben ein Wort gefunden, das ein Wort des absoluten Konformismus ist: Rechtsextremismus.« Unterdessen ist Sophie Nauleau, die künstlerische Leiterin des Festivals, zurückgetreten. Sie stehe zur Ernennung von Sylvain Tesson, teilte sie in einer Pressemitteilung mit, auch wenn sie »eine entsetzliche, bestürzende, um nicht zu sagen monströse Kabale« ausgelöst habe (faz.net)

EU-Mitgliedsstaaten ebnen Weg für AI Act

Im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Europäischen Union wurde heute der Weg für die Verabschiedung des AI Acts und damit der weltweit ersten konkreten Regulierung von künstlicher Intelligenz geebnet. Der Europäische Verlegerverband begrüßt die Zustimmung des Ausschusses. Der Börsenverein sieht weiteren Regulierungsbedarf (boersenblatt.net)

Remigration ist Unwort des Jahres 2023

Zum »Unwort des Jahres« 2023 wurde der Ausdruck »Remigration« gewählt. Rechtsextremisten verwenden dieses harmlos klingende Wort und meinen damit Zwangsausweisung und Massendeportation. Die Jury kritisiert die Verwendung des Wortes, weil es 2023 als rechter Kampfbegriff, beschönigende Tarnvokabel und ein die tatsächlichen Absichten verschleiernder Ausdruck gebraucht wurde (autorenwelt.de)

LGBTQ-Bestseller aus Russland erscheint auf Deutsch

Das russisch-ukrainische Autorinnenduo Elena Malisowa und Katerina Silwanowa musste aus Russland fliehen – weil ihr Roman von der Liebe zweier Männer in einem Land, wo diese Liebe verboten ist, erzählt. Vor dem Verbot war der Roman ein Bestseller in Russland. Jetzt erscheint der Titel auf Deutsch (boersenblatt.net)

Zum 150. Geburtstag

Hugo von Hofmannsthal, einer der bedeutendsten Dichter und Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, wird in einer neuen Biografie mit umfassender Tiefe und Analyse gewürdigt. Das Buch »Grenzenlose Verwandlung« von Elsbeth Dangel-Pelloquin und Alexander Honold beleuchtet nicht nur das Leben dieses einflussreichen Künstlers, sondern auch die Deutung seines Werkes in all seinen Facetten (lesering.de)

»Das internationale Geschäft wird massiv beeinträchtigt«

Mindestens zwölf Monate müssen ausländische Autor*innen derzeit auf ihr Honorar aus deutschen Übersetzungsrechten warten – weil sich beim Bundeszentralamt für Steuern die notwendigen Freistellungsanträge stauen. Was bedeutet das für die Branche? Und um welche Summen geht es hier überhaupt Olaf Thomas, Co-Leitung Rechnungswesen beim Suhrkamp Verlag, gab dem Börsenblatt Antworten darauf (boersenblatt.net)

Stellenabbau bei Penguin Random House

Nach einem Bericht von sueddeutsche.de will die Verlagsgruppe Penguin Random House bis 2027 100 Stellen einsparen, das sind etwa zehn Prozent der Arbeitsplätze, vorwiegend am Hauptstandort München. Bereits in diesem Jahr sollen etwa 60 Stellen entfallen, wobei es keine Entlassungen geben soll, sondern mit dem Betriebsrat abgestimmte Vereinbarungen mit den Betroffenen auf freiwilliger Basis. Der Grund sei ein zurückgegangenes Betriebsergebnis, erklärt durch die gestiegenen Kosten, z. B. für Energie, Papier und Vertrieb, wie auch durch das veränderte Kauf- und Lese-Verhalten der Kund*innen. In den Programmen wolle man möglichst auf Streichungen verzichten, heißt es weiter (buchmarkt.de)

Heinrich-Mann-Preis 2024 für Lena Gorelik

Der diesjährige Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste geht an die Journalistin und Schriftstellerin Lena Gorelik. Ihr essayistisches Werk liefere einen bedeutenden Beitrag zu den politischen und literarischen Debatten der Gegenwart, so die Jury (boersenblatt.net)

Aberkennung des Friedrich-Bödecker-Preises

Der Bundesverband der Friedrich-Bödecker-Kreise e. V. erkennt Arnulf Zitelmann mit sofortiger Wirkung den 1994 verliehenen Friedrich-Bödecker-Preis posthum ab. »Er hat sich unbestritten um die Kinder- und Jugendliteratur verdient gemacht, sein moralisches Verhalten aber ist für den Bundesverband inakzeptabel«, so die Begründung. Erst vor wenigen Wochen wurde Zitelmann auch der Große Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur aberkannt (buchmarkt.de)

Felicitas Hoppe erhält Berliner Literaturpreis

Die Stiftung Preußische Seehandlung zeichnet mit dem insgesamt 30.000 Euro dotierten Berliner Literaturpreis 2024 die Autorin Felicitas Hoppe aus. Verliehen wird der Preis durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, am 5. März 2024. Felicitas Hoppes Sprachkunst verbinde federleichten Humor mit tiefstem Ernst, wilde Fabulierlust mit scheuem Interesse an einer Welt, die es mit den Menschen häufig nicht gut meint, begründet die Jury ihre Auswahl (boersenblatt.net)

Zeit für Courage

Mit einer großen Neuinszenierung des Klassikers »Mutter Courage und ihre Kinder« wird am 23. Februar das Brechtfestival 2024 eröffnet. Die spartenübergreifende Eigenproduktion des Staatstheaters Augsburg wird nach dem Festival in das Repertoire des Hauses übernommen (auxlitera.de)

»Die Känguru-Klassiker« bei Reclam

Ein Best-Of von Marc-Uwe Klings Känguru-Geschichten erscheint am 20. März im Reclam Verlag. Die 39 Episoden wurden vom Autor selbst ausgewählt. Bernd Kissel hat den Band exklusiv illustriert. Damit sei er für Känguru-Fans und Neulinge gleichermaßen interessant (boersenblatt.net)

Rio Reiser – der Poet

Im Januar 2024 wurde der künstlerische Nachlass Rio Reisers an das Deutsche Literaturarchiv Marbach (DLA) übergeben. Die Präsentation seines Nachlasses am 20. Januar 2024 fand im Beisein von Weggefährten und Freunden statt. Rio Reiser war eine Schlüsselfigur in der deutschen Musikszene, besonders bekannt als Frontmann der Band Ton Steine Scherben. Die Band, die in den frühen 1970er Jahren gegründet wurde, spielte eine zentrale Rolle in der linken politischen Bewegung und der Hausbesetzerszene in Westberlin. Ihre Musik, die oft als Soundtrack für politische Demonstrationen und Besetzungen diente, war geprägt von poetischen Texten, die gesellschaftskritische und politische Themen aufgriffen (lesering.de)

Ausschreibung für Uwe-Johnson-Preis 2024 gestartet

Für den mit 20.000 Euro dotierten Uwe-Johnson-Preis können Autorinnen und Autoren oder deren Verlage bis zum 1. März 2024 unveröffentlichte sowie seit April 2022 veröffentlichte Arbeiten aus den Bereichen Prosa und Essayistik einreichen. Der Uwe-Johnson-Preis würdigt deutschsprachige Autor*innen, in deren Schaffen sich Bezugspunkte zur Poetik des deutschen Schriftstellers Uwe Johnson finden und die heute mit ihren Texten ebenso unbestechlich und jenseits der »einfachen Wahrheiten« deutsche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft reflektieren. Die Preisverleihung findet im September 2024 in Berlin statt (boersenblatt.net)

Deutscher Buchpreis: Das ist die Jury im Jubiläumsjahr

Die Jury für den 20. Deutschen Buchpreis steht fest. Für das Jubiläumsjahr 2024 hat die Akademie Deutscher Buchpreis diese sieben Literaturexpert*innen in die Jury berufen: Gerrit Bartels (Der Tagesspiegel), Magdalena Birkmann (freie Literaturvermittlerin und Buchhändlerin). Natascha Freundel (rbb), Torsten Hoffmann (Universität Stuttgart), Marianna Lieder (freie Kritikerin), Regina Moths (Buchhandlung Literatur Moths) und Klaus Nüchtern (Der Falter).
Die Jurymitglieder entscheiden, wer den Deutschen Buchpreis 2024 erhält. Um eine größtmögliche Unabhängigkeit der Auszeichnung zu gewährleisten, wählt die Akademie Deutscher Buchpreis die Jury in jedem Jahr neu. Eine mehrmalige Jurymitgliedschaft ist möglich. Die Verleihung des 20. Deutschen Buchpreises findet am 14. Oktober 2024 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt (buchmarkt.de)

»Macht nicht kaputt, was Kultur macht«

Die Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland mit Sitz in Darmstadt hat am 4. Februar einen offenen Brief veröffentlicht, in dem Programmänderungen- und Streichungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kritisiert werden. Zahlreiche Autor*innen wie Felicitas Hoppe, Mithu Sanyal, Daniel Kehlmann und Navid Kermani haben den Aufruf unterschrieben (boersenblatt.net)

Konstantin Ferstl erhält Literaturpreis Fulda

Die Jury würdigt Konstantin Ferstls im August 2023 erschienenen Debütroman »Die blaue Grenze« (Rowohlt Berlin) für seinen »anarchischen Humor«. Mit der Auszeichnung verbunden ist ein Preisgeld von 10.000 Euro. Für die unabhängige fünfköpfige Jury war es »das bedeutendste Romandebüt der Buchsaison Herbst 2023/Frühjahr 2024«. Die Verleihung findet am Mittwoch, 19. Juni im Fürstensaal des Fuldaer Stadtschlosses statt. Die Laudatio hält Jury-Mitglied Christoph Schröder (boersenblatt.net)

PERSONALIA

Angela Tsakiris ist seit 1. Februar Programmleiterin Deutschsprachige Literatur der Verlage Penguin und C. Bertelsmann (buchmarkt.de)

Tausch im Lektorat bei C. H. Beck: Dr. Stefanie Hölscher leitet nun das Berliner Lektorat, ihr Vorgänger Sebastian Ullrich ist Cheflektor in München (buchmarkt.de)

VERSTORBEN

N. Scott Momaday (89), US-amerikanischer Schriftsteller († 24. Januar 2024)
Der indigene Schriftsteller, Dichter und Literaturwissenschaftler wurde für seinen Roman »House Made of Dawn« mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet (lesering.de)

Christian Brandstätter (80), österreichischer Verleger († 25. Januar 2024)
Der studierte Rechtswissenschaftler machte sich vor allem unter Bildbandliebhabern einen Namen mit seinem 1982 gegründeten Wiener Verlag, der später zu den Pionieren der Kulinarik wurde (buchmarkt.de)

Ilse Helbich (100), österreichische Autorin († 26. Janaur 2024)
»Ilse Helbich war eine hellsichtige Autorin, die klar und schnörkellos über das Leben schrieb«, schreibt der Literaturverlag Droschl (boersenblatt.net)

Alfred Komarek (78), österreichischer Schriftsteller († 27. Januar 2024)
Er wurde unter anderem für seine Kriminalromane um den Gendarmerie-Inspektor Simon Polt bekannt (boersenblatt.net)

Mario Levi (66), türkischer Schriftsteller († 31. Januar 2024)
Wie kein anderer Autor stand er für das jüdische Erbe Istanbuls und den versöhnlichen Dialog der Kulturen. Sein bekanntester Roman: »Istanbul war ein Märchen«, eine Hymne auf die flirrende Vielfalt der Stadt (sueddeutsche.de)

Oskar Negt (89), deutscher Soziologe und Sozialphilosoph († 2. Februar 2024)
Der einflussreiche Mentor der APO während der Studentenbewegung 1968 wurde 2011 für sein politisches Engagement mit dem August-Bebel-Preis geehrt. Eine 20-bändige Werkausgabe und ein autobiografisches Werk erschienen im Steidl Verlag (boersenblatt.net)

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